Auf der Suche nach dem besten Buch der Welt.
Bewertung der Redaktion
Zucker Zitrone
Jugendbuch Familie Freundschaft Außenseiter Gefühle Angst & Mut Alltag Coming of Age Girls Rule Schule
Titel Optimisten sterben früher
Autor*in Susin Nielsen
Das sagt der Klappentext

Alle sagen Petula, dass sie keine Schuld am Tod ihrer kleinen Schwester hat. Aber so einfach ist das nicht. Petula ist nun überzeugt, dass das Schicksal hinter jeder Ecke mit einer bösen Überraschung auf sie lauert. Als sie Jacob kennenlernt, kann Petula ihre maßlosen Ängste Schritt für Schritt hinter sich...

Alle sagen Petula, dass sie keine Schuld am Tod ihrer kleinen Schwester hat. Aber so einfach ist das nicht. Petula ist nun überzeugt, dass das Schicksal hinter jeder Ecke mit einer bösen Überraschung auf sie lauert. Als sie Jacob kennenlernt, kann Petula ihre maßlosen Ängste Schritt für Schritt hinter sich lassen. Bis zu dem Tag, als sie erfährt, dass Jacob nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat. Susin Nielsen erzählt die Geschichte einer Handvoll Jugendlicher, die alle Schweres durchgemacht haben und sich, jeder auf seine Weise, schuldig fühlen. Wie schon in „Adresse unbekannt“ gelingt es ihr auch hier, ein ernstes Thema mit großartigem Humor zu vereinen.

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Das sagt die Zucker & Zitrone Redaktion

Petula hat Angst. Vor Keimen, Selbstmordattentätern, Baustellen und Naturgewalten. In einem Heft sammelt sie schauerliche Artikel über Menschen, die von Kühen, Hunden oder Schnittverletzungen dahingerafften wurden. Und Petula kennt jede Statistik. Sie weiß z. B. „dass Optimisten zehn Jahre früher sterben als Pessimisten“. Also ist sie eben Pessimistin aus Überzeugung....

Petula hat Angst. Vor Keimen, Selbstmordattentätern, Baustellen und Naturgewalten. In einem Heft sammelt sie schauerliche Artikel über Menschen, die von Kühen, Hunden oder Schnittverletzungen dahingerafften wurden. Und Petula kennt jede Statistik. Sie weiß z. B. „dass Optimisten zehn Jahre früher sterben als Pessimisten“. Also ist sie eben Pessimistin aus Überzeugung. Es ist allerdings eine traurige Überzeugung, die sie sich auferlegt hat, wie eine Strafe. Denn Petula war nicht immer so. In ihrem früheren Leben war sie glücklich und lebensfroh. Sie hatte eine Freundin, mit der sie eine geniale Bastelleidenschaft teilte. Und sie hatte eine kleine Schwester, die – davon ist Petula überzeugt – wegen dieser Bastelleidenschaft ihr Leben verlor. Ein Schmerz wohnt in ihr, der kaum zu ertragen ist. Petulas Angststörung ist damit keineswegs ein bloßer Effekt, den die Autorin Nielson sich hat einfallen lassen, sondern eine drastische und höchst intime Abhandlung von Trauer, Schuld und Schmerz. Das sich dies nebenbei auch noch unterhaltsam, ja geradezu komisch liest, ist ein aberwitziges Kunststück, das Nielson scheinbar mit Leichtigkeit gelingt.

 

Bald rasselt Petula in Jacob, den einarmigen „Robotermann“, den sie anfangs überhaupt nicht leiden kann, der aber in die gleiche Kunsttherapie-Gruppe aufgenommen wird, die auch Petula besuchen muss. Diese Gruppe ist eine Schicksalsgemeinschaft traumatisierter oder auffällig gewordener Jugendlicher, die unter Anleitung einer dezent überforderten Therapeutin an ihren Problemen herumbasteln sollen. „Basteln für Bekloppte“, so nennen sie es selber. Die jungen Menschen sind gnadenlos im Umgang miteinander. Sie hassen und lieben sich, bewerfen sich mit Tonklumpen und üblen Namen und sind letztendlich doch die Einzigen, die einander verstehen und helfen können. Jacob, der Neue, ist ein Filmnerd. Mit seiner Kamera im Gepäck bricht er in die Gruppe ein wie ein frischer Wind und bringt die wütenden, ängstlichen, leidenden Jugendlichen dazu, sich mit ihren Ängsten zu konfrontieren und über sich selbst hinauszuwachsen. Doch während die anderen sich schonungslos öffnen und Petula sich in Jacob verknallt, behält der seine eigene düstere Vergangenheit für sich. Natürlich geht das nicht lange gut. Petula kommt beinahe zufällig hinter Jacobs Geheimnis und muss nun lernen, nicht nur sich selbst, sondern auch Jacob zu vergeben.

 

Längst hat man all die sperrigen Figuren aus diesem Buch ins Herz geschlossen, sich heillos in Petulas Welt verstrickt, mit ihr geweint und gelacht und sich in Jacob verliebt. Fein justiert und ausgewogen ist dieser Balanceakt aus schwarzem Humor und Romanze, Zynismus und Sentimentalität. Nur bei Jacobs Schuldfrage überholt die Konstruktion der Geschichte ein wenig die Glaubwürdigkeit der Figuren. Was Jacob in der Vergangenheit passiert ist, was er getan hat, ist zweifellos schlimm. Auch seine Unehrlichkeit den neuen Freunden gegenüber ist problematisch. Susan Nielsen bedient aber gleichzeitig zwei Erzählbedürfnisse: Einerseits betont sie vehement die Entsetzlichkeit seiner Taten, andererseits entschuldigt sie ihn immer wieder dafür. Dadurch wird natürlich die Beziehungskrise zwischen den Figuren stärker. Aber gerade aus ihrer Geschichte heraus hätte Petula Jacobs Verhalten besser verstehen können, anstatt ihn so gnadenlos zu verdammen.

Nun, vielleicht wäre dann die Botschaft des Buches schwächer gewesen: Die Zeit heilt nämlich alle Wunden. Selten wurde diese Möglichkeit wundervoller und lebenshungriger zu Papier gebracht, – ohne ein einziges Klischee.

 

- Mia Grau

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Metadaten
Urachhaus 256 Seiten ISBN 9783825151843 ab 14 Jahren Erscheinungsjahr: 2021 Übersetzung: Anja Herre

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