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BEATE DÖLLING : Den ganzen Sommer barfuß
Als Beate Dölling letztes Jahr in der Heinrich-Zille-Grundschule zu Gast war, waren die Koffer für Spanien schon gepackt. Dort würde sie den Winter verbringen, schreiben und am Meer spazieren gehen. Das klingt nach einem traumhaften Autorinnen-Leben!
Vorher hatte Beate Dölling allerdings noch einen wichtigen Termin: Ein Interview mit den Zucker & Zitrone-Redakteurinnen Karla und Laila (Name geändert) aus Berlin-Kreuzberg. Die Autorin von vielen wunderbaren Kinderbüchern besuchte die beiden Schülerinnen in der Bibliothek ihrer Schule und erzählte ihnen von ihrer Arbeit, ihrer Kindheit, ihrer Liebe zu Pferden und davon, wie sie einmal fast selbst eines wurde – als sie an ihrem Roman „Unterwegs mit Harry“ schrieb nämlich. Das ist ihr neustes Buch, handelt vom Pferd und erscheint bald im Tulipan Verlag.
Nun aber erstmal nach Hohenbutzen! Dort spielt nämlich Beate Döllings letzter Streich „Das schwarze Huhn von Hohenbutzen“. Diesen Roman hatten Laila und Karla gelesen und dazu hatten sie eine Menge Fragen.
Q
Was war Ihr letztes Buch und worum ging es da?
A
Mein letztes Buch ist „Das schwarze Huhn von Hohenbutzen“. Darin geht es um eine Familie mit drei Kindern, eines davon hat das Down-Syndrom. Ich habe sie in einen Öko-Urlaub geschickt – irgendwohin, wo es kein fließendes Wasser und keinen Handyempfang gibt...
Q
Ja!Das war sehr lustig.
A
Du hast es gelesen? Dann muss ich gar nicht erzählen, worum es geht.
Q
Wie lange haben Sie gebraucht, das Buch zu schreiben?
A
Naja, ich schreibe nicht so schnell. Ich versuche erst mal, alles aufzuschreiben und dann lasse ich es erst ein bisschen liegen – wie so ein Brotteig, der dann alleine ein bisschen vor sich hingeht. Und dann gucke ich es mir nochmal an, überarbeite es und überarbeite es… Letztendlich dauert es doch ein Jahr, mehr oder weniger.
Q
Wie sind Sie darauf gekommen, Bücher zu schreiben?
A
Weil ich das immer schon wollte, auch schon als Kind. Ich habe immer viel geträumt und rumgesponnen – und auch gelogen. Lügen darf man ja eigentlich nicht, aber ich habe das Blaue vom Himmel gelogen. Meine Mutter dachte immer: „Das kann nicht sein!“ Dann habe ich es einfach aufgeschrieben. Wenn man es aufschreibt, dann darf man lügen – je verrückter, desto besser. Aber auch jede Lüge muss glaubhaft sein. Das habe ich eben als Kind schon gerne gemacht.
Q
Hinten im Buch steht, dass Sie in Osnabrück geboren wurden und dass Sie in Deutschland und in Spanien leben. Aber wie können Sie da gleichzeitig leben?
A
Ja, gute Frage. Ich bin im Winter in Spanien und ab Frühling und Sommer in Schön-Berlin.
Q
Wie sind Sie darauf gekommen, dass die Figur Catia aus „Das schwarze Huhn aus Hohenbutzen“ das Down-Syndrom hat?
A
In dem Haus, in dem ich lebe, wohnt eine Familie mit ihrer Tochter Edda. Edda hat das Down-Syndrom und ihr habe ich das Buch gewidmet – das steht ganz vorne drin. Ich kenne sie schon, seitdem sie ein Baby ist. Ihre Familie war Vorbild für das Buch. Die Mutter hat sich lange mit mir hingesetzt und mir all diese Einzelheiten erzählt, die ich mir gar nicht hätte ausdenken können.
Q
Das heißt, Edda hat sich genauso benommen wie Catia immer?
A
Ja. Meistens. Zum Beispiel die Szene ganz zum Schluss, in der die Familie Catia ins Auto schiebt – die ist ganz ähnlich passiert. Edda saß mit ihrer Mutter in der U-Bahn und sie mussten aussteigen. Aber Edda hat sich geweigert. Sie hat immer nur „Nein“ gesagt und „Will nicht!“. Irgendwann hat ihre Mutter sie untergehakt und mit sich gezogen. Edda hat sich gesträubt und alle Leute haben geguckt und gedacht: „Oh Gott, was macht die Frau mit dem armen Kind?“ Als Eddas Mutter draußen war, sagte sie noch: „Eigentlich sind wir eine ganz nette Familie.“ Und dann ging die Tür zu. Solche Sachen hat mir Eddas Mutter erzählt. Und eine andere wichtige Sache, die ich mir auch nicht ausgedacht habe, ist das Verhältnis zwischen Catia und ihrem Bruder. Auch Edda und ihr echter Bruder kabbeln sich immerzu – so wie in anderen Familien auch. Und Edda hat wirklich immer zu ihm gesagt: „Ach, mein Täubchen, mein kleiner Gummistiefelmann.“ Das fand ich so toll. (Alle lachen)
Q
Mögen Sie Spanien, Berlin oder Osnabrück am meisten?
A
Naja, Osnabrück mag ich nicht so gern – sonst wäre ich da nicht weggegangen. Das finde ich ziemlich langweilig, muss ich sagen. Kulturell ist da kaum was los. Du hast nicht diese Vielfalt wie hier in Berlin, die ich unbedingt brauche. Und ich brauche beides: die Lebendigkeit, die vielen verschiedenen Leute, das große Angebot in Berlin. Auch wenn es hier mitunter auch schlimme Sachen gibt – ich möchte das ganze volle Leben haben. Und wenn ich in Spanien bin, lebe ich in dem Haus einer Freundin, das im Winter leer steht. Da sind wir völlig ab vom Schuss. Da gibt es nur Einheimische, keine Touristen. Das Meer ist in der Nähe, da kann ich nachmittags oder abends spazieren gehen. Aber ich habe meine Ruhe und kann gut schreiben. Das „Schwarze Huhn“ habe ich auch in Spanien geschrieben.
Q
Wieso haben Sie das Dorf Hohenwutzen zu Hohenbutzen umbenannt?
A
Ah, ihr habt Hohenwutzen gefunden. Toll! Ich war dort vor zwei Jahren und fand die Ortsnamen in der Gegend sehr cool. Hohenwutzen! Das klingt doch toll. Und aus Hohenwutzen wurde Hohenbutzen. Das klingt, finde ich, noch besser. Es gibt in meinem Buch auch ein Dorf namens Niederbutzen – aber ein Niederwutzen existiert in echt nicht. Ich habe angefangen, mit den Namen zu spielen. Das hat total Spaß gemacht. Den Ort Prillwitz habe ich zum Beispiel in Prollwitz umbenannt.
Q
Was ist das Peinlichste, was Ihnen je passiert ist?
A
In der Schule ist mir mal was wirklich Peinliches passiert. Das ist schon lange her! In der siebten Klasse muss das gewesen sein. Wir Mädchen saßen immer an der Fensterwand, und auf der anderen Seite saßen die Jungs. Unsere Deutschlehrerin war sehr langweilig und hat immer nur ganz leise vorgelesen. Die ganze Klasse hat sich weggeträumt. Meine Freundin hat unterm Tisch die Bravo gelesen, ich habe Tagebuch geschrieben, und nebenan hat jemand Gummibärchen gegessen. Und die Lehrerin saß vorne und las. Ich hatte einen Apfel gegessen und dachte mir: Den schmeiß ich jetzt zu Stefan. Und das habe ich dann getan. (Alle lachen) Ich schmeiß den Apfel also zu Stefan. Und Stefan war so blitzschnell! Er nimmt sein Sprachbuch, wehrt den Apfel ab – und er fliegt genau auf die Lehrerin. Ich sehe noch vor mir, wie der Saft von unserer Lehrerin tropft. Und da war es natürlich vorbei. Sie steht auf, nimmt das Klassenbuch, schmeißt es auf den Tisch und schreit: „Ich mach das nicht mehr länger mit!“ Und geht raus. Das hat uns sehr leid getan. Und mir war es furchtbar peinlich. Aber letztendlich hat es gar keiner mitgekriegt, dass ich das war. Der arme Stefan war dann derjenige, der zum Direktor zitiert wurde – aber er hat mich nicht verpetzt. Das war sehr edel, finde ich. Wir haben der Lehrerin auch nochmal geschrieben und uns als ganze Klasse entschuldigt. Das war schon sehr peinlich – wenn es auch hinterher lustig war und gut ausgegangen ist.
Q
Wie sind Sie auf den Namen des Buchs gekommen?
A
Ja, das war schwierig. Letztendlich bin ich gar nicht selbst drauf gekommen – das war die Lektorin. Die Lektorin ist die Person, mit der ich zusammenarbeite und die mir Fehler anstreicht, schaut, ob etwas langweilig wird, wo es spannender sein könnte oder wo man etwas kürzen sollte. Als das Buch fertig war, haben wir überlegt, welchen Titel es bekommen könnte. Wir wollten nicht zu viel verraten, aber trotzdem neugierig machen. Das hat tagelang gedauert. Wir haben ein Brainstorming gemacht – jeder hat einfach etwas vorgeschlagen. Fällt euch was ein? Hättet ihr noch eine Idee für den Titel?
Q
Der verrückte Öko-Urlaub?
A
Der verrückte Öko-Urlaub! Ja, gar nicht schlecht. Nach dem Brainstorm hatten wir ungefähr zehn Titelideen. Da waren auch Sachen dabei wie „Zicke-Zacke-Hühner-Kacke“. Wir hatten wirklich die blödsten Ideen. Und irgendwann sagte Charlotte Gauger, die Lektorin: „Das schwarze Huhn von Hohenbutzen?“ – und alle haben sofort „Ja!“ gesagt.
Q
Und der Name von Frau Zickuhr? Wie sind Sie darauf gekommen?
A
Meine Tochter ist inzwischen 28 Jahre alt. Als sie noch kleiner war, haben wir in der Märkischen Schweiz gelebt. Dort ging sie auch zur Schule. Ihre Sportlehrerin hieß Mandy Zickuhr. So einen Namen muss man einfach verwerten! Ich habe ihn auch schon mal benutzt – da muss ich ganz ehrlich sein. Es gibt also eine echte Mandy Zickuhr aus der Märkischen Schweiz, außerdem eine Peggy Zickuhr in meinem Buch „Im Sommer, als wir alle über Bord gingen“, und nun eine Doreen Zickuhr aus Hohenbutzen.
Q
Mussten Sie Mandy Zickuhr fragen, ob Sie ihren Namen verwenden dürfen?
A
Nein, denn ich habe ja nicht ihren ganzen Namen genommen, sondern nur den Nachnamen.
Q
Hat sie das Buch gelesen?
A
Das weiß ich nicht. Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihr. Ich weiß auch nicht, was sie jetzt macht – und ob sie Kinderbücher liest, weiß ich ebenfalls nicht.
Q
Haben Sie Geschwister?
A
Ja, ich habe eine Schwester. Die ist vier Jahre älter als ich – also jetzt schon uralt, weil ich ja nun auch nicht mehr jung bin. Als ich zehn war, war sie vierzehn. Könnt ihr euch vorstellen – die wollte nie mit mir spielen!
Q
So wie mein Bruder. Der ist fünfzehn und ich bin neun.
A
Ja, da hat man schlechte Karten. Eine große Schwester fand ich total cool – die hatte tolle T-Shirts, war mit der Schule in London, und ihre Musik fand ich klasse. Aber sie fand mich eher lästig. Immer, wenn Freunde da waren, durfte ich nicht dabei sein. Wenn sie mit ihrer Freundin gespielt hat und sie brauchten mal eine Hexe oder jemanden zum Ausspionieren, dann wurde ich geholt. Ich hatte also nicht so richtig jemanden zum Spielen. Weil ich schon immer gerne geträumt habe, habe ich mir meine eigene Welt gebaut – im Garten, mit Natursachen. Ich hatte einen Hund, der war toll und immer bei mir. Es gab einen Kirschbaum, auf dem man super klettern konnte. Wenn der Kirschen trug, war das doppelt toll. Unter dem Baum war ein Holzstapel – das war mein Schiff. Ich war Kapitänin, und der Kirschbaum war mein Mast. Ich hatte zwei Holzböcke – das waren meine Pferde. Die habe ich mit Decken gesattelt, alte Kleider von meiner Oma angezogen und eine Trense gebastelt. Die Böcke waren schon ein bisschen wackelig – wenn man darauf saß, hat es richtig geruckelt. Das war dann der volle Galopp. Und wir hatten eine Schaukel mit einer Stange, daran habe ich wilde Sachen gemacht. Die hing so hoch, dass man sogar Überschläge machen konnte. So war meine Kindheit – den ganzen Sommer barfuß.
Q
Hat der Hund da mitgespielt?
A
Ja, der war ein bisschen faul, aber ich habe ihn mit Futter bestochen. Er war auch ein bisschen pummelig. Eigentlich war er immer gerne dabei, aber am liebsten lag er irgendwo in der Nähe. Ich habe ihm aber auch Kunststücke beigebracht – zum Beispiel über eine Wassertonne balancieren.
Q
Und wie hieß der Hund?
A
Der Hund hieß leider Woldy – was mir ziemlich peinlich war. Ich hätte Rocky besser gefunden.
Q
Ich finde den Namen voll cool, weil ich Pokémon mag – und es gibt ein Pokémon, das Woldy heißt. Das ist auch ein Hundepokémon.
A
Tatsächlich?! Und ist der süß?
Q
Ja! Sie haben ja schon 24 Bücher geschrieben. Welches war das längste, und welches war Ihrer Meinung nach das beste?
A
Das „beste“ kann ich nicht sagen – ich versuche, jedes Buch so gut wie möglich zu schreiben. Jedes hat ja ein ganz eigenes Thema, das ist schwer zu vergleichen. Aber das dickste Buch, das weiß ich – das hat 372 Seiten und heißt „Du bist sowas von raus“. Es ist ein Jugendbuch und handelt von Kindern aus der „Arche“. Die Arche ist eine christliche Jugendeinrichtung. Ich selbst bin nicht christlich, aber ich bin dorthin gegangen, um Kinder kennenzulernen und ihre Geschichten aufzuschreiben. Die Kinder dort sind alle in irgendeiner Form vernachlässigt. Wenn sie nicht in der Arche sind, kümmert sich niemand um sie – nicht um die Hausaufgaben, nicht ums Essen. Manche haben 18 Halbgeschwister, die in verschiedenen Pflegefamilien untergebracht sind. Viele von ihnen werden mit 13 oder 14 selbst Eltern. Für ein Kind sind das katastrophale Zustände, aus denen sie kaum rauskommen. Über diese Einzelschicksale habe ich acht Geschichten geschrieben. Und damit man die Figuren gut kennenlernt, ist das Buch so dick geworden.
Q
Für das Buch, das 180 oder 185 Seiten hat, haben Sie ja ein Jahr gebraucht. Wie lange haben Sie dann für das andere Buch gebraucht?
A
Dafür habe ich nur drei Monate gebraucht. Ich hatte wahnsinnigen Zeitdruck. Das Buch war eine Auftragsarbeit – viel zu knapp geplant – und ich habe mich viel zu sehr darauf eingelassen. Ich habe natürlich vorher recherchiert, aber die eigentliche Schreibzeit waren genau drei Monate. In der Zeit habe ich nichts anderes gemacht: morgens aufstehen und den ganzen Tag bis abends schreiben. Ich bin versorgt worden – meine Tochter hat eingekauft, mein Freund hat gekocht. Sonst hätte ich das nicht geschafft.
Q
Aber am Ende war das Buch gut?
A
Ja, ich denke schon. Ich habe viel Feedback dafür bekommen. Es wurde oft besprochen, auch im Radio – denn es ist natürlich ein heikles und wichtiges Thema. Ich habe nie genau die Geschichten übernommen, die mir Kinder, Sozialarbeiter oder Eltern erzählt haben. Ich habe einzelne Dinge genommen und zu neuen Geschichten geformt. So macht man das beim Schreiben – es ist dann echt und authentisch, aber nicht mehr eins zu eins.
Q
Ich habe schon oft versucht, so ein kleines Buch zu schreiben, aber irgendwann hatte ich keine Geduld mehr und habe dann aufgehört. War das bei Ihnen nicht auch manchmal so?
A
Ja, genau, das war bei mir auch so. Ich sitze auch nicht gerne stundenlang und schreibe. Man braucht wirklich viel Geduld und Sitzfleisch – das kann einen schon nervös machen. Aber das ist völlig normal. Ich gebe ja auch Schreibwerkstätten, und dort erzähle ich viele Tricks, wie man weitermachen kann und sich selbst motiviert.
Q
Ich lese gerade Harry Potter. Ich bin beim fünften Teil, aber der hat tausend Seiten, deshalb dauert es ziemlich lange.
A
Mir ist so ein dickes Buch mal auf die Nase gefallen – ich hatte danach Nasenbluten! Ich finde es immer etwas lästig, wenn Bücher so dick und schwer sind. Aber man kann sich ja bequem hinsetzen, etwas höher sitzen und das Buch auf ein Kissen legen.
Q
Haben Sie vor, bald wieder ein Buch zu schreiben?
A
Ja, das werde ich! Und ich glaube, es wird sehr witzig. Dabei ist die Geschichte selbst gar nicht wirklich lustig. Ich habe sie in der Zeitung entdeckt. In dem Artikel stand, dass ein Opa 300 Kilometer mit seinem Pferd geritten ist, um seinen Enkel in der Schule zu überraschen. Ist das nicht toll? Stell dir mal vor, dein Opa steht mit seinem Pferd vor deinem Fenster! Ich habe damals verschiedene Verlage gefragt, ob sie Interesse hätten, mit mir ein Buch daraus zu machen, aber keiner wollte. Jahre später hatten meine Lektorin und ich die Idee, die Geschichte aus der Sicht des Pferdes zu erzählen – und das habe ich jetzt gemacht. Es hat so viel Spaß gemacht! Das Pferd heißt Harry – also eigentlich Harry Potter. Aber den Harry Potter aus den Büchern kennt es nicht. Auf ihrem Weg treffen Opa Karl und Harry das Pferd eine Menge Kinder und erleben viele Abenteuer. Ich habe das Buch letzten Sommer geschrieben und mich dabei köstlich amüsiert. Ich war voll das Pferd – ich habe fast nur Möhren gegessen! (Alle lachen)
Q
Wann haben Sie Ihr erstes Buch geschrieben und wie alt waren Sie da?
A
Ich war schon 38, als ich mein erstes Buch schrieb. Es war ein Jugendbuch und hieß „Mir kann keiner an den Wimpern klimpern“.
Q
Wie sind Sie darauf gekommen, über eine angebliche Hexe, ein schwarzes Huhn und einen Diamantenraub zu schreiben?
A
Das hat sich so entwickelt. Schon seit Jahren wollte ich etwas über die Familie schreiben, die bei mir im Haus wohnt. Die Umgebung von Hohenwutzen hat mir gut gefallen, und die Leute, die ich dort getroffen habe, auch. Und die Toteninsel, die so unheimlich ist, wie ich sie beschrieben habe, hat mich sehr beeindruckt. Dann kam mir der Öko-Urlaub in den Sinn. Außerdem las ich ein ganz altes Buch: „Effi Briest“. Wir mussten es schon in der Schule lesen, aber ich fand es damals schrecklich langweilig. Es geht um Eheprobleme, und das interessiert doch Kinder nicht! Doch dann habe ich es vor Kurzem noch einmal gelesen und fand es einfach brillant – die Sprache ist großartig! Ich konnte es kaum fassen, wie man Kinder mit so einem Buch abschrecken kann. In einer Szene sitzt die Frau vom Kutscher in einem überheizten Raum mit einem schwarzen Huhn auf dem Schoß. Dieses Bild hatte ich so deutlich vor Augen, dass ich etwas damit machen musste. Und so fügte sich alles wie ein Puzzle zusammen: das schwarze Huhn, die Toteninsel, das Öko-Haus... Und ich fand heraus, dass es diese schwarzen Hühner tatsächlich gibt. Mit schwarzem Kamm, schwarzen Krallen, schwarzen Knochen und schwarzem Fleisch. Nur die Eier sind cremefarben. Das fand ich hochinteressant.
Q
Ist das Blut von denen auch schwarz?
A
Nein. Es ist aber tiefdunkelrot.
Q
Und können Sie uns etwas erzählen, das Sie in keinem Interview bisher erwähnt haben?
A
Ich kann euch von meine Tochter erzählen! Ihre Name ist Paula, und normalerweise erzähle ich nicht viel über sie in der Öffentlichkeit. Früher haben wir viel zusammen gelesen. Wir haben eine sehr schöne Beziehung. Zum Geburtstag habe ich sie gefragt, ob sie lieber Geld haben möchte, oder eine Überraschung, aber das bedeutet, dass sie ein Wochenende mit mir verbringen muss. Sie hat die Überraschung gewählt. Also habe ich gesagt, sie solle zu einem bestimmten Zeitpunkt am Bahnhof sein. Wir sind nach Magdeburg gefahren, weil sie noch nie dort war. Wir waren in der Oper, um ein tolles Ballett über das Leben von Vincent van Gogh anzusehen – mit wunderbarer Musik. Es war wirklich großartig. Solche Sachen mache ich gerne mit meiner Tochter, und es freut mich sehr, dass wir, obwohl sie längst erwachsen ist, noch zusammen verreisen können. Wir schlafen dann in einem Zimmer, und sie schimpft mit mir, weil ich schnarche – aber für eine Nacht geht das. So etwas habe ich in einem Interview noch nie erzählt.
Q
Haben Sie eigentlich Lieblingstiere?
A
Ja, ich bin absolut pferdeverrückt, muss ich wirklich sagen. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und habe in Spanien mit ihnen gearbeitet. Ich kenne sogar eine Pferdeflüsterin, die schon mit Pferden flüstern konnte, bevor der Begriff hier überhaupt bekannt war. Ich reite sehr gerne. Es mag nicht außergewöhnlich sein, aber ich war ein richtiges Pferdemädchen.
Q
Pferdeflüsterin? Wirklich?
A
Es gibt ein altes Buch, das hieß „Der Pferdeflüsterer", und daraus wurde auch ein sehr bekannter Film. Es geht darum, dass man Pferde nicht mit Gewalt dominieren, sondern versuchen sollte, sie zu verstehen und mit ihnen zu kooperieren. Dann machen die Pferde alles, was man von ihnen will, weil sie Vertrauen aufbauen können.
Q
Das versuche ich auch immer mit meinen zwei Katzen. Sie sind noch ziemlich klein und wie Katzen eben sind – ziemlich stur. Aber auch ziemlich lustig. Die eine Katze heißt Lulu und ist richtig wild. Sie isst unheimlich viel. Wenn ihr Napf leer ist, geht sie an den von meiner anderen Katze. Das ist ziemlich frech! Immer wenn sie miaut und ich sicher bin, dass sie keinen Hunger hat, versuche ich zu verstehen, was sie meint. Aber bei Katzen ist das schwer, weil sie dich immer mit demselben Blick anschauen.
A
Stimmt, bei Katzen ist es wirklich schwer. Sie sind sehr raffiniert und haben einen starken Charakter.
Q
Aber sie sind echt lustig.
A
Vielleicht wirst du ja mal eine Katzenflüsterin.